Am Dienstag, dem 22.08.2023, füllten 30 Abgeordnete aus nationalen Parlamenten von insgesamt 24 Ländern den Ratssaal des Eschweiler Rathauses. Nach Eschweiler geführt hatte diese hochrangige Gruppe ihre Teilnahme an der ersten Globalen Changemaker Akademie für Parlamentarier*innen zu „Land- und Klimapolitik“, die als fünftägiges Programm in der UN-Stadt Bonn durch die UN-Organisation United Nations Convention to Combat Desertification (UNCCD) mit Unterstützung durch das United Nations System Staff College (UNSSC) ausgerichtet wurde.
Ziel der Akademie war es, Parlamentarier*innen weltweit für die Bedeutung der Wiederherstellung und das Management naturnaher Landflächen zu sensibilisieren. Im Kampf gegen den globalen Klimawandel kommt der Renaturierung und Rekultivierung von Land eine wichtige Rolle zu. Bedenkt man, dass der Mensch auf ca. 70% der Landflächen des Planeten aktiv ist, von denen wiederum 30% als degradiert gelten, wird die Dimension dieser Herausforderung sichtbar. Als Orte, an denen über Gesetze debattiert und entschieden wird, kommt den nationalen Parlamenten dabei eine entscheidende Rolle zu.
Die am zweiten Tag des Kurses durchgeführte Exkursion nach Eschweiler diente der Vermittlung von Einblicken in die Praxis von Tagebaurekultivierung und -renaturierung. Auf dem Programm stand dabei zunächst ein Besuch im Eschweiler Rathaus. Hier wurden die Gäste aus Ghana, Indien, Kanada, Schweden und vielen weiteren Ländern von vier Kontinenten durch eine Ansprache der Beigeordneten für Soziales, Bildung, Jugend Kultur und Sport, Dana Duikers, begrüßt. Patrick van Weerelt, Chef des UNSSC in Bonn, erwiderte die Grußworte und dankte der Stadt Eschweiler in einer kurzen Rede für die erneute Zusammenarbeit bei der Ausgestaltung des Tages.
Anschließend hielt Jan Schuster, Eschweilers Koordinator für kommunale Entwicklungspolitik, eine Präsentation zu Stadtprofil, Geschichte, aktuellen Herausforderungen und nachhaltiger Entwicklung in Eschweiler und Christoph-Peter Bartsch von RWE sowie Anna Merk von der Forschungsstelle Rekultivierung stellten den Energiestandort Eschweiler, die Arbeit RWEs in Eschweiler sowie den Prozess der Rekultivierung ehemaliger Tagebauflächen vor.
Vom Rathaus ging es dann zum Tagebau Inden: Eine Tagebaubefahrung sowie der Blick auf den Tagebau vom Aussichtspunkt Indemann aus vermittelten den Exkursionsteilnehmenden hautnahe Eindrücke von den Ausmaßen der Eingriffe des Menschen in die Landschaft zwecks Braunkohleförderung.
Umso beeindruckter zeigten sich viele der Parlamentarier*innen im Anschluss als es wieder zurück in die Stadtgrenzen Eschweilers ging. Dass hier von 1910 an bis vor wenigen Jahrzehnten insgesamt ca. ein Drittel der Gesamtfläche Eschweilers auch einmal Braunkohletagebau war, ließ sich mit Blick auf die renaturierte Inde, die weiten landwirtschaftlich genutzten Flächen in Eschweilers Norden und den Blausteinsee, in dem bei Sonnenschein und fast 30°C zahlreiche Badegäste schwammen, kaum vorstellen.
Doch mit Matthias Schmitz vom Förderverein Gedächtniskapelle Kirchspiel Lohn stand ein Zeuge der massiven landschaftlichen Wandlungen in diesem Teil der Indestadt bereit. Schmitz hat den gesamten Prozess der Umsiedlung, Tagebauerschließung und anschließenden Rekultivierung seines Heimatorts mitverfolgt. Am Standort der Gedächtniskapelle, wo sich einst die Siedlung Lohn befand, in der Schmitz einen Teil seiner Kindheit erlebte, berichtete der Umsiedler von seinen persönlichen Erfahrungen und beantwortete Fragen der sichtlich von der geschichtsträchtigen Atmosphäre des Ortes beeindruckten internationalen Politiker*innen. Insbesondere interessierten sich die Delegierten für die Beteiligung und Kompensation der in den 1960er bis 80er Jahren von Umsiedlungsprozessen zur Tagebauerschließung betroffenen Menschen.
Am Blausteinsee klang die Exkursion dann mit einer regen Abschlussdiskussion und einem späten Mittagessen am Nachmittag aus.
Info zur UN-Kooperation der Stadt Eschweiler: Bereits zwischen 2017 und 2019 hatte das in Bonn ansässige UNSSC mehrfach die Indestadt im Rahmen von internationalen Fortbildungsveranstaltungen angesteuert. Das UNSSC versteht sich als Bildungseinrichtung unter Berücksichtigung der Grundwerte der UN-Charta. Für die zahlreichen UN-Organisationen und ihre Partner ist das UNSSC eine wichtige Anlaufstelle zur beruflichen Fortbildung und Wissensvermittlung. Dass das UNSSC im Rahmen von durchgeführten Kursen immer wieder auf Eschweiler als Exkursionsort zurückgreift, liegt zum einen an der Nähe Eschweilers zu Bonn. Zum anderen aber haben die sich in Eschweiler und Umgebung stellenden Herausforderungen durch den Strukturwandel, die Rekultivierung ehemaliger Tagebauflächen und die Energiewende sowie die Eschweiler Herangehensweise an diese Herausforderungen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung globale Relevanz.